Politthriller - Die letzte Terroristin - André Georgi

 

Mit „Die letzte Terroristin“ (Suhrkamp, 362 Seiten, 14,95 Euro) hat der Drehbuchautor André Georgi einen außerordentlichen Politthriller geschrieben.

 

 

 

Wie schon Wolfgang Schorlau in seinem „Die blaue Liste“ aus dem Jahr 2003 hat sich Georgi, der zweimal für den Grimme-Preis nominiert war und im Vorjahr den Bayerischen Fernsehpreis gewonnen hat, des Attentats auf den Treuhandchef Detlev Karsten Rohwedder im April 1991 angenommen. Anders jedoch als Schorlau, der mit Klarnamen arbeitete, heißt Rohwedder bei Georgi nun Hans-Georg Dahlmann, einer der wichtigsten Männer in der Republik jener Jahre. Ein Mann, der viele Feinde hat. Ein Mann, der täglich mit der Gefahr leben muss. Gleichwohl man weiß, dass die Geschichte für Dahlmann nicht gut ausgehen kann, gelingt es Georgi dennoch, einen straffen Spannungsbogen zu ziehen: Die junge Sandra Wellmann bewirbt sich auf die Assistentenstelle bei Dahlmann – und wird prompt genommen. Dahlmann kannte Wellmann aus den Jahren, in denen sie mit seiner Tochter studiert hat. Er weiß ihre Qualitäten zu schätzen. Was er jedoch nicht weiß, ist, dass Wellmann mittlerweile im Umfeld der RAF agiert. Ihr Auftrag: Finde den günstigsten Ort und Zeitpunkt für ein Attentat auf den mächtigen Treuhandboss. Georgi spinnt ein belastbares dramaturgisches Netz, indem er die Geschichte aus mehreren Perspektiven erzählt – aus Sicht von Dahlmann, von Wellmann, zweier RAF-Terroristen und aus Sicht des ermittelnden BKA-Beamten. Die Charaktere sind vielschichtig entworfen, es sind lebendige, kraftvolle Figuren, die Georgi, sprachlich ungemein versiert, überzeugend handeln lässt. Ein starker Politthriller, der packend von einem dunklen Kapitel bundesrepublikanischer Geschichte erzählt, von einer Gesellschaft, in der sich nur kurze Zeit nach der Wiedervereinigung erste tiefe Risse zwischen Ost und West zeigen. Und genau wie Schorlau bietet auch Georgi keine Lösung an: Wer Rohwedder/Dahlmann an jenem 1. April 1991 tatsächlich ermordet hat, bleibt im Dunkel. Bis heute konnte die Tat nicht endgültig aufgeklärt werden.

 

Text: Volker Albers

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